Stipendiat:innen
photo: Camilo Pachón

Tami Izko (*1984 in Cochabamba, Bolivien) ist Keramikkünstlerin und Bildhauerin. Nach ihrem Film Studium in Buenos Aires und Journalismus Studium in Madrid entdeckte sie 2017 in Lissabon Keramik für sich, wo sie die Technik von lokalen Kunsthandwerkern erlernte. Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt und ihre jüngsten Projekte konzentrieren sich auf die Verbindungen zwischen Erinnerung, Trauma und Resilienz („Wounds“, 2020) und auf die Mechanismen hinter magischem Denken und binären Systemen („Bezoar“, 2021). Im Jahr 2022 wurde sie von der Fondazione La Raia in Italien mit einer skulpturalen Arbeit im Freien beauftragt.

Federico Clavarino and Tami Izko haben bisher an zwei Projekten zusammengearbeitet: „Eel Soup“, das in Brüssel, Mailand, Istanbul und Łódź ausgestellt und 2022 als Buch veröffentlicht wurde, und „Via Spaventa“, das kürzlich in Genf gezeigt wurde. „The Crab’s House“ ist ihre dritte Zusammenarbeit.

THE CRAB’S HOUSE

Was bedeutet Zugehörigkeit, wenn man immer weggeht?

Der Name „The Crab’s House“ leitet sich von der Art und Weise ab, wie Einsiedlerkrebse gefundene Muscheln oder andere Objekte bewohnen, und von dem sozialen Mechanismus, der es ihnen ermöglicht, in ein neues „Zuhause“ umzuziehen, sobald sie aus ihrem alten herausgewachsen sind: Indem sie eine Schlange bilden, von der größten bis zur kleinsten, geben Einsiedlerkrebse ihr Haus an die nächsten in der Reihe weiter, damit keiner von ihnen ohne Unterkunft bleibt. Nach mehreren Jahren ständiger Wanderungen, die mit vielen provisorischen Unterkünften verbunden waren, begannen Tami und Federico mit der Arbeit an diesem autobiografischen Projekt, das den Bau von ephemeren „Häusern“ vorsieht, die aus den Eindrücken entstehen, die sie an den verschiedenen Orten sammeln, an denen das Haus der Krabbe Gestalt annimmt. Die erste Iteration des Projekts war das Ergebnis von vier Monaten des Sammelns, Gießens und Fotografierens von Objekten in und um Schöppingen: das Gemüse und Obst, das sie im Garten geerntet haben, die Flaschen, die beim Sommerfasching zurückgelassen wurden, ein großes Gummibärchen vom örtlichen Flohmarkt, Flaschen und Gläser, die samstags im Torhaus gekauft oder im Müll gefunden wurden, die mit Plastik überzogenen Heuballen, die die Landschaft schmücken, ein Windmühlenflügel, die Kornfelder und der Mais, die Äpfel und das Licht, das in kleine Ecken unseres Ateliers fällt, die Häuser, die sie andere bauen sahen. All diese Dinge sind Teil des Hauses, das sie in Schöppingen eingerichtet haben. Sogar die Wände wurden aus Platten gebaut, die sie in der Holzwerkstatt, auf der Straße und auf der nahe gelegenen Müllkippe gesammelt haben. Wie verzerrt die ursprüngliche Form auch sein mag, jedes Bild und jedes Objekt in Tami und Federicos Installation geht auf einen Moment zurück, den sie während ihres Aufenthalts erlebt haben. Wie wenn man an einen neuen Ort weiterzieht und den vorherigen auflöst, so lebte das Krabbenhaus in einer temporären Installation, die nach dem Ende der Ausstellung nicht mehr existierte, aber die darin entstandenen Erinnerungen, die verbleibenden sozialen Bindungen und die gelernten Dinge überschneiden sich und interagieren mit den Krabbenhäusern, die sie an anderen Orten installieren. Vielleicht hat der Einsiedlerkrebs seinen Namen zu Unrecht erhalten, denn seine Wohnform beruht auf dem Empfangen und Weitergeben. Für die Künstler ist ein Zuhause etwas, das sich ständig verändert, und obwohl es in ihren eigenen Köpfen und Erinnerungen eine Abstraktion sein mag, ist es materiell auf die Existenz anderer angewiesen.