Lucila Mayol Pohl (*1986, Argentinien) lebt und arbeitet in Finnland und Norwegen.
Ihre Arbeit befasst sich mit der Bewah¬rung und Weitergabe von Erinnerungen, der Schaffung von Fiktionen und der Kon¬struktion von Geschichte und Wahrheit. Sie hat eine nomadenhafte Arbeitswei¬se, die sich je nach Projekt verändert. Die meisten Projekte sind forschungsbasiert und umfassen eine Vielzahl von Quellen: Literatur, mündliche Überlieferung, Briefe, Archive, Kunst, Akademie und sogar all¬tägliche Ereignisse. Folglich sind auch die Ergebnisse in Form und Medien unter¬schiedlich.
Lucila Mayol Pohl ist Teil des Kunstduos Turbida Lux, das mit Text, Found Footage, Video
und Medienkunst arbeitet und sich für die Poesie interessiert, die entsteht, wenn an¬dere Interpretationen von Archivmaterial enthüllt werden. Sie ist auch Gründungs¬mitglied von TEXST, einer Plattform zur Er¬probung von Text als Kunstform und von einer unabhängigen Verlagsinitiative mit Sitz in Bergen und Helsinki.
„Die Ereignisse des Liebeslebens sind so trivial, dass sie nur unter großer Anstrengung Eingang ins Schreiben finden: Man wird entmutigt, wenn man etwas schreibt, das, indem es ge¬schrieben wird, seine eigene Plattheit entlarvt. Wer würde darin eine Geschichte sehen? Das unbedeutende Ereignis existiert nur in seinem großen Nachhall.“
Roland Barthes, „Fragmente einer Sprache der Liebe“
Während meines Stipendiums im Künstlerdorf Schöppingen habe ich ein langfristiges Grafikkunst¬-Projekt begonnen. Ich habe mit Liebesbriefen gearbeitet, die zwischen meiner Gro߬mutter und meinem Großvater von 1947 bis 1952 ausgetauscht wurden. Mit der Mokuhanga¬ Technik (Holzschnitt auf Wasser¬basis) versuche ich, den Text der Briefe in Bilder zu übersetzen. Jeder Druck zeigt ein Objekt, das von einer/m der beiden Kor¬respondentInnen benannt wurde. Die Sammlung der Drucke wird zu einer Bildkonstellation, die nebelhaft in Zusammenhang mit einem Brief stehen. Das Lesen der Drucke vermittelt Er¬fahrungen und Epochenporträts, die den BetrachterInnen eine of¬fene Interpretation ihres Lebens und ihrer Kontexte ermögli¬chen. Mit dieser Serie möchte ich den Nachhall der Übersetzung frei¬legen, den Text, der durch das Druckverfahren zum Bild und wieder zu einer Erzählung wird.